Autor: Tanya Ilieva,
14.08.2025

Wir neigen dazu, Dächer zu romantisieren. Sie sind die Kulisse unvergesslicher Filme, die Bühne unvergesslicher Konzerte, der Rahmen für Abendessen unter dem Sternenhimmel und Partys in der Stadt, die Freiheit und Kreativität versprechen. Dächer sind Symbole der Sehnsucht – erhaben, offen und voller Leben.

Die Wahrheit ist jedoch oft weit weniger poetisch. Hinter Lichterketten und Panoramablicken sind viele moderne Dächer nicht mit Musik, sondern mit Maschinen gefüllt. Sie summen, surren und dröhnen im Rhythmus des mechanischen Herzschlags unserer Städte – Kühler, Kondensatoren und Lüftungssysteme arbeiten unermüdlich, um unsere Innenräume angenehm zu halten. Der Lärm auf den Dächern ist zu einer der verborgenen Herausforderungen moderner Architektur geworden.

 

Dachlärm – Die versteckte Herausforderung moderner Architektur

Die Skyline Österreichs, insbesondere Wiens, wird seit langem von ihren markanten Dächern geprägt – einer vielschichtigen Landschaft aus historischen Terrassen, modernen Gründächern, Solaranlagen und zunehmend auch den mechanischen Systemen, die moderne Gebäude funktionsfähig halten. Diese erhöhten Räume sind nicht mehr nur architektonische Zierde, sondern unverzichtbare technische Bereiche. Doch mit der mittlerweile allgegenwärtigen Installation von Kälteanlagen, Lüftungssystemen und Klimageräten auf den Dächern von Bürotürmen und Wohnkomplexen ist eine neue Herausforderung entstanden: Lärm .

 

 

Laut Daten der europäischen Umgebungslärmrichtlinie (2002/49/EG) und Berichten des Umweltbundesamts Österreich zählt der Lärm mechanischer Anlagen zu den Hauptursachen für Umweltstörungen in Mischgebieten. Studien zufolge ist die Zahl der Beschwerden im Zusammenhang mit Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik im letzten Jahrzehnt um über 40 % gestiegen. Dieser Trend spiegelt sich auch in Wien, Graz und Linz wider, wo die Verdichtung der Innenstädte Wohnräume immer näher an die technische Infrastruktur bringt.

Genau dieses Problem stellte sich bei Fabrik1230: Das mechanische Herzstück des Gebäudes, zwei große luftgekühlte THEATU 4450-Kältemaschinen, musste auf dem Dach installiert werden, um Platz im Gebäude zu sparen und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Diese Entscheidung birgt jedoch das Risiko, mechanisches Brummen und Lüfterresonanzen auf nahe gelegene Büros und Wohnhäuser zu übertragen. Für ein Projekt, das sich durch exzellentes Design und das Wohlbefinden der Bewohner auszeichnete, hätte ein solcher Lärm das gesamte Konzept untergraben.

Wenn Maschinen auf dem Dach eines Stadtgebäudes stehen, ist Ruhe genauso wichtig wie Luftzirkulation“, erklärt Dr.-Ing. Tsvetan Nedkov, CEO von DECIBEL. „In dicht besiedelten Gebieten wie diesen ist akustischer Komfort kein Luxus, sondern Teil der sozialen Verantwortung eines Gebäudes.

 

Von der Simulation zur messbaren Leistung

Das Projekt begann mit einer einfachen Vorgabe: Der Kunde wünschte sich zunächst eine Schallschutzkabine mit drei Wänden und ohne Dach, um den Lärm zu reduzieren und gleichzeitig die Belüftung über den Kältemaschinen aufrechtzuerhalten. Unsere Ingenieure erstellten ein detailliertes Modell dieser Konfiguration und führten vorläufige Akustiksimulationen durch.

Die Ergebnisse zeigten jedoch, dass das offene Design die erforderlichen Schalldämmungsgrade nicht erreichen konnte und es durch den nicht überdachten Bereich zu erheblichen Schallverlusten kam, insbesondere im Niederfrequenzbereich. Die Aufgabenstellung musste daher überdacht werden. Nach mehreren Iterationen schlug unser Team eine vollständig geschlossene Lösung mit integrierten Lüftungsdämpfern vor, die ein ausgewogenes Verhältnis zwischen akustischer Leistung und Systemfunktionalität bietet.

 

Erster Vorschlag basierend auf der Vorgabe: Gehäuse ohne Dach und nur mit 3 Wänden VS aktualisiertes Vorgabe nach präzisen Messungen und Simulationen – vollständig abgedecktes Gehäuse für optimale Schalldämmung

 

Um die nächste Herausforderung zu meistern, verließ sich das Akustik-Team von DECIBEL weiterhin auf Daten, nicht auf Trockenbau. Mithilfe einer partikelbasierten 3D-Simulation modellierten die Ingenieure die Kältemaschinen als komplexe Schallquellen, die über das Dach und die umliegenden Fassaden strahlen. Der Ansatz reproduzierte nicht nur Direktschall, sondern auch Sekundärreflexionen, Bodenabsorption und atmosphärische Verluste.

Zur Analyse wurden zwei Modelle erstellt:

  1. Basisszenario: Die Kältemaschinen werden im Freien auf der Dachplatte betrieben.
  2. Abgemildertes Szenario – dieselbe Konfiguration, eingeschlossen in der speziell entwickelten akustischen Hülle von DECIBEL.

Jedes Modell umfasste sechs virtuelle Empfängerpunkte, die strategisch um den Dachumfang herum platziert waren, um die räumliche Variation des Lärms zu erfassen. Es wurden Daten für Oktavbänder von 125 Hz bis 4 kHz generiert, die sowohl tonale Spitzen als auch Brüche und typische Eigenschaften von Kälteanlagen aufzeigten.

 

Schalldruckpegel in den Empfängerpunkten aus dem Simulationsmodell der Kältemaschinen mit Schallschutzgehäuse

 

Der Projektmanager von DECIBEL erinnert sich: „Unser Ziel war es nicht, nur eine Zahl auf dem Papier zu erreichen. Wir haben das Modell anhand der Realität, der Luftströmungswege, des Wartungszugangs, der Hebetoleranzen und der Größe der Kräne, die die Paneele auf das Dach bringen, erstellt. Wir simulieren die gesamte Lebensdauer des Gehäuses, bevor auch nur ein einziges Stahlblech geschnitten wird.“

Diese Vorhersagephase ermöglichte es dem Team, Materialdichte, Perforationsverhältnisse und Lamellenabstände vor der Herstellung fein abzustimmen und so sowohl Leistungsgenauigkeit als auch logistische Machbarkeit sicherzustellen.

 

Anatomie eines Akustikgehäuses

Das endgültige Gehäuse für Fabrik1230 ist eine orchestrierte Kombination aus absorbierenden und reflektierenden Elementen, die dazu dienen, Schallenergie einzufangen, einzudämmen und zu streuen, ohne die Kühleffizienz einzuschränken.

Zu seinen Hauptkomponenten gehören:

  • Abgasdämpfer, jeweils 600 mm tief, mit Splitterelementen ausgestattet, die mit 45 kg/m³ Steinwolle gefüllt und in perforiertem verzinktem Stahl eingeschlossen sind, um den Außenbedingungen standzuhalten. Diese bewältigen die niederfrequenten Emissionen, die von den Axialventilatoren der Kältemaschinen erzeugt werden.
  • 100 mm starke PZP-Akustikplatten, bestehend aus einer äußeren Stahlhaut, einer Füllung aus dichter Mineralwolle und einer perforierten Innenseite. Diese Platten bilden die Gehäusewände, absorbieren mittel- und hochfrequenten Lärm und sind gleichzeitig stabil.
  • DECIBEL AL 300 Akustiklamellen mit den Maßen 1000 × 1000 × 300 mm sind strategisch an den Einlass- und Auslassöffnungen platziert, um die Luftzirkulation zu gewährleisten. Ihre innere Geometrie ermöglicht einen freien Luftstrom und streut und absorbiert gleichzeitig den ausgehenden Schall.

 

 

„Jede Naht und jeder Ankerpunkt musste akustisch und strukturell einwandfrei funktionieren“, sagt der leitende Installateur von DECIBEL, der die Dachmontage beaufsichtigte. „Wir haben jedes Paneel von Hand millimetergenau ausgerichtet und alle Durchdringungen abgedichtet, damit keine Vibrationen eindringen konnten. Die Belohnung kam, als wir die Kältemaschinen einschalteten – und fast nichts mehr hörten.“

Dank der modularen Bauweise konnte das Team das System trotz eingeschränktem Zugang zum Dach und engem Zeitrahmen effizient installieren. Jedes vorgefertigte Bauteil wurde mit einem Kran an seinen Platz gehoben, um die Störungen für die umliegende Nachbarschaft auf ein Minimum zu reduzieren.

 

 

Messergebnisse und Leistungsüberprüfung

Nach der Fertigstellung wurden akustische Messungen vor Ort durchgeführt, um die theoretischen Vorhersagen zu bestätigen. Tests an allen sechs Empfängerpunkten ergaben eine Gesamteinfügungsdämpfung von 15,8 dB(A) – und übertrafen damit das Designziel von 15 dB.

 

 

Die Aufschlüsselung der Ergebnisse offenbarte die Ausgewogenheit des Systems:

  • Bei niedrigen Frequenzen (125 Hz) betrug die Dämpfung durchschnittlich 5 dB, wodurch das tiefe Lüfterbrummen, das nachts normalerweise am weitesten zu hören ist, gemildert wurde.
  • Zwischen 500 Hz und 2000 Hz erreichte die Dämpfung 14 dB, wodurch das Geräusch des Tonkompressors, das tagsüber die Klanglandschaft dominieren kann, effektiv reduziert wurde.
  • Hochfrequente Reflexionen wurden fast vollständig absorbiert, wodurch ein gleichmäßiges akustisches Feld über das gesamte Dach entstand.

 

 

Mit diesen Ergebnissen gehört das Fabrik1230-Gehäuse zu den effizientesten Schallschutzsystemen für Dächer seiner Kategorie.

„Verifizierung ist der Eckpfeiler unserer Philosophie“, ergänzt Dr.-Ing. Tsvetan Nedkov. „Wir installieren nicht nur Materialien – wir verifizieren die Leistung anhand von Messdaten. Denn wer sein Schweigen mit Zahlen belegen kann, hat sich das Vertrauen verdient.“

 

Der breitere Kontext

Laut der Weltgesundheitsorganisation ist Lärm in Städten zu einem der größten Umweltstressoren geworden. Länger anhaltende Lärmbelastung kann zu Schlafstörungen, kognitiver Ermüdung und Herz-Kreislauf-Risiken führen. In Ballungsräumen, wo Bauprojekte wie Fabrik1230 an gemischte Wohn- und Gewerbegebiete grenzen, führen selbst geringfügige Lärmminderungen zu spürbaren gesundheitlichen Vorteilen.

Das Ergebnis des Projekts geht über das Dach hinaus:

  • Für Architekten zeigt es, dass Akustiktechnik und Designabsicht nahtlos vereinbar sind.
  • Für Entwickler bietet es ein replizierbares Modell zur Einhaltung der Lärmschutzauflagen ohne kostspielige Nachrüstungen.
  • Den Bewohnern wird ein Arbeits- oder Wohnbereich garantiert, der frei vom mechanischen Brummen des Stadtlebens ist.

 

 

Unser Projektmanager fasst zusammen: „Früher betrachteten wir Dachanlagen als notwendige Störung. Dank präziser Modellierung und präziser Materialien sind sie jetzt unsichtbar – sowohl optisch als auch akustisch.“

Der Erfolg des Fabrik1230-Gehäuses unterstreicht DECIBELs Überzeugung, dass Stille keine Abwesenheit, sondern eine Errungenschaft ist. Sie erfordert Weitsicht, Simulation, Handwerkskunst und Verifizierung, die harmonisch zusammenwirken. Was nun still über der Industrielandschaft des 23. Wiener Bezirks steht, ist nicht nur eine technische Meisterleistung, sondern auch ein Statement für die Zukunft nachhaltiger urbaner Klanglandschaften in Österreich und darüber hinaus.

 

Wenn Ihr Projekt Dachkühler, Generatorenanlagen oder HLK-Systeme in der Nähe sensibler Bereiche umfasst, kann das Akustikteam von DECIBEL mit architektonischer Präzision für messbare Stille sorgen.

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